An vielen Orten wird an diesem Wochenende Erntedank gefeiert. Das ist nicht selbstverständlich. Leicht gewinnt man in unserem technisierten, logistisch perfektionierten Alltag den Eindruck: Strom kommt aus der Steckdose, Bildung aus dem Internet, Nahrung vom Supermarkt. Wie viele Anstrengungen aber sind nötig, um etwa für Millionen Menschen Strom zu erzeugen, sich Bildung wirklich anzueignen und die Versorgung mit Lebensmitteln sicher zu stellen!
Für mich bleibt es ein großes Wunder, welche Ressourcen uns die Natur zur Verfügung stellt. Sauberes Quellwasser. Eine riesige Vielfalt von Nahrung. Materialien zum Bau von Häusern und unzähligen Alltagsgegenständen. Doch woher kommt die Natur mit ihrer ganzen Dynamik, ihren Farben und Formen, ihrem schier unerschöpflichen Potential? Trotz, nein gerade wegen der Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte in den Naturwissenschaften kann ich mehr denn je aus voller Überzeugung den ersten Satz des christlichen Glaubensbekenntnisses sprechen: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Und als Mensch bin ich Teil dieser Schöpfung, kein Zufallsprodukt, kein flüchtiger Hauch in einer Geschichte der Jahrmillionen. Wir verdanken uns nicht nur den Launen des Schicksals oder der Gunst von Regierenden, sondern einem Gott, der will, dass wir das Leben in Fülle haben.
Nicht verschweigen möchte ich, dass auch mir die Natur oft große Sorgen macht: Tsunami-Wellen, Erdbeben, Dürren, Missernten gehören auch zur Realität, die uns am Leben und konkret auch an Gott zweifeln lassen kann. Und da wünsche ich mir manchmal den starken Glauben eines Franziskus – dessen Fest wir an diesem Sonntag feiern -, der selbst den Tod seinen Bruder nennt. Trotz (selbstgewählter) bitterer Armut und schweren Krankheiten verliert er seine Freude und Zuversicht nicht. Er ist überzeugt: Am Ende wird Gottes Schöpfung nicht zerstört, sondern verwandelt, wird Gott alles zum Guten führen. Aus diesem Grund können wir auch für die Ernte des Jahres zutiefst DANKE sagen.
Pfr. Christoph Bersch
Leitender Pfarrer im Pfarrverband Wuppertaler Westen
veröffentlicht in der Wuppertaler Rundschau vom 3. Oktober 2009
Die Rubrik „Auf ein Wort“ erscheint in unregelmäßigen Abständen in der Samstagsausgabe der Wuppertaler Rundschau.
Autoren sind evangelische und katholische Theologen in Wuppertal, die
sich zu aktuellen gesellschaftlichen oder kommunalen Themen äußern. Wir
veröffentlichen auf kath 2:30 die Beiträge der katholischen Autoren.
Die evangelischen Beiträge finden Sie hier.
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
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